Ich bin ein demokratie-begeisterter Mensch. Das System hat seine Schwächen, bedarf einer Reform und ist an vielen Stellen behäbig, aber es gibt kein anderes politisches System, das man erprobt hätte und das besser gewesen wäre. Die Demokratie hat Wohlstand, Sicherheit und die gesellschaftliche Partizipation der meisten in ihr lebenden Menschen gebracht. Sie hat die Völker des Westens einander näher werden lassen. Das neue Europa, die Gleichstellung der Frau und freiheitliches Denken und Handeln sind unmittelbare Produkte der Demokratie und/oder Voraussetzung dieser. Errungenschaften auf die wir mit Stolz blicken können.
Darum bin ich „damals“ politisch aktiv geworden, erst ohne, später mit Parteibuch. Ich wollte dieses Menschheitsgeschenk weiter voranbringen. Ihm Stärke und Ausdruck verleihen. Menschen sollten die Gemeinsamkeiten mehr zu schätzen wissen, als vor dem Trennenden Angst zu haben. Gleichzeitig wollte ich mich für den Erhalt alter und bewährter Werte stark machen. Für die Ehe zum Beispiel. Für unsere Kultur und Identität. Für die positive Wahrnehmung und die Leistungen der Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr. Für den Wirtschaftsstandort Deutschland mit seinen Alleinstellungsmerkmalen.
So habe ich meine Meinungen vertreten, öffentlich und in zahlreichen Diskussionen. Dabei immer mit einem offenen Ohr für den Gegenüber und seine Anliegen, Ideen und Impulse. Ich habe die Demokratie im Kern immer als eine lebhafte Diskussion verstanden. Eine Diskussion, bei der man sich auf die Aussagen der Menschen verlassen konnte. Auf ihre Grundhaltungen und Prinzipien.
Also wollte ich meinem politischen Streben nach Fortschritt, bei gleichzeitigem Erhalt des in meinen Augen Guten, Nachdruck verleihen, indem ich in eine Partei eingetreten bin, die ich bisher bei jeder Wahl gewählt hatte. Ich bin konservativ, wirtschafts-liberal und überzeugter Christ. Die CDU war also die richtige Wahl. So dachte ich.
Die ersten Monate waren erfreulich. Ich hatte schnell Verantwortung in der JU Flensburg erhalten, an gemeinschaftlichen Aktivitäten teilgenommen und etwas später habe ich an einem Landtagswahlkampf mitgewirkt. Voller Überzeugung. Für eine gute Kandidatin, die ich auch heute noch schätze. Leider ging die Wahl verloren. Nicht schlimm. Wir hatten unser Bestes versucht und sind in einer eher sozialdemokratisch geprägten Region nicht belohnt worden. Das war schade, aber in Ordnung.
Dann folgten auf lokaler Ebene Aktionen und Reaktionen, auf die ich nicht näher eingehen möchte, die aber meine Befürchtungen hinsichtlich der politischen Parteien in Deutschland bestätigt, an einigen Stellen gar verstärkt haben. Ich bin nicht blauäugig in die CDU eingetreten. Ich bin durch meine dortige Arbeit auch nicht desillusioniert worden. Aber im Grunde sind einige der Punkte bestätigt worden, die ich schon lange an der Demokratie kritisiere.
Später bin ich aus der JU ausgetreten. Für die CDU machte ich nur noch wenig und wenn dann eher medial. An Wahlkämpfen nahm ich nicht mehr teil. Auch Parteitagen und Weihnachtsfeiern blieb ich fern. Die Briefe und die Post, die ich von der CDU erhielt, las ich zwar noch, aber nur überflogen. Ich war mir unsicher, ob ich in der Partei bleiben soll. Einerseits wollte ich wieder mitwirken, andererseits war (und bin!) ich nicht bereit meine Prinzipien aufzugeben. Wenn ich etwas sage, dann stehe ich dazu – komme was wolle. Dabei bin ich durchaus bereit zu Kompromissen oder zum Überdenken, wenn ich gute Argumente höre, aber eben nicht bis zur völligen Selbstaufgabe, um Macht, Geld oder Posten zu generieren.
Es folgten dann auf Bundesebene viele Seltsamkeiten, die für mich nichts mehr mit einer in Teilen konservativen und wirtschafts-liberalen Partei zu tun haben. Auch auf kommunaler Ebene wurde es „komisch“, so stellten in Flensburg CDU, SPD und Grüne eine gemeinsame Kandidatin (SPD) für die Oberbürgermeisterwahl auf, gegen die wir von der CDU noch wenige Jahre zuvor einen Landtagswahlkampf geführt hatten. Teile der CDU und die FDP hatten den Mut sich dem entgegenzustellen, scheiterten aber aufgrund der zahlenmäßigen Überlegenheit von eineinhalb Volksparteien und den Grünen.
Es folgte auf Bundesebene die Aufgabe weiterer konservativer Werte, darunter auch christliche Prinzipien und Glaubensanker.
Dann kam das Jahr 2018. Bundeskanzlerin Angela Merkel attestierte der SPD zuvor noch Folgendes: „Es ist offenkundig, dass die SPD auf Bundesebene auf absehbare Zeit nicht regierungsfähig ist“. Das war im Oktober 2017. Vier Monate später ist die GroKo von Seiten der CDU beschlossene Sache. Gleiches Bild bei der SPD. Martin Schulz, SPD-Parteivorsitzender, sagte noch im November 2017 über die GroKo: „Eine klarere Absage an ein Bündnis kann es gar nicht geben“. Drei Monate später legt er gemeinsam mit der CDU einen Koalitionsvertrag vor.
Um es kurz zu halten: Die CDU und die SPD haben beide massiv durch die Bundestagswahl 2017 verloren. Beide Parteien befinden sich (fast oder ganz) auf einem historischen Tiefststand. Gleiches gilt für die CSU. Die GroKo wurde abgewählt – und das deutlich. Jetzt kann man lamentieren, dass sie gemeinsam trotzdem noch groß genug sind um zu regieren. Aber ist das der Anspruch der (ehemals) großen deutschen Volksparteien CDU und SPD? Ist das ein lohnenswertes Ziel? Gleichzeitig ist die CDU immer noch die stärkste Partei in Deutschland. Trotzdem liest sich der Koalitionsvertrag so, als hätten CDU und SPD die selben Prozentzahlen geholt. Von der CSU ganz zu schweigen. Für den Machtgewinn und -erhalt von Frau Merkel sind bereits zuvor Köpfe gerollt (Merz, Koch, Rüttgers, etc.) und Prinzipien aufgeben worden. Der neue Koalitionsvertrag war das negative i-Tüpfelchen.
Das war mir dann zu viel. Meine praktische Erfahrung hat mir gezeigt, dass die Veränderung einer Partei von innen heraus äußerst schwierig ist, wenn man bestimmte Leitlinien hat, nicht auf Macht aus ist und gleichzeitig offen und ehrlich agiert. Machtspielchen, Pöstchen-Geschacher und Unehrlichkeiten waren nie meins und werden es auch nie sein. Die CDU hat mich enttäuscht und ihren Kern in meinen Augen in weiten Teilen verraten. Gleichzeitig habe ich keine Lust mehr auf diese Unehrlichkeiten und dieses ständige Hin und Her. Wenn man mal etwas gesagt und beschlossen hat, dann sollte man sich auch daran halten.
Das war aber nur der letzte Tropfen in ein Fass der parteipolitischen Unzufriedenheit und Entmutigung.
Ich werde mich weiterhin politisch engagieren, vor allem auch im Tierschutz, der Wirtschaftspolitik und dem gesellschaftlichen Wir-Gefühl. Aber ohne Parteibuch. Das hat sich erst einmal für eine lange, lange Zeit erledigt. Vielleicht komme ich diesbezüglich zurück, wenn wir in Deutschland wieder glaubhafte Politiker wie Adenauer, Erhard, Brandt, Schmidt oder Genscher haben. Vielleicht.
Dennoch möchte ich allen ehemaligen Parteifreunden danken, die aufrecht ihre Arbeit machen und sich für die Region, das Land oder den Bund einsetzen. Ich habe auch viele solcher Menschen getroffen. Aufrechte Demokraten, mit wahren Worten und einem ehrlichen Herzen. Danke für die Zeit und die Gespräche, sowie die gemeinsamen Erlebnisse. Ich denke, dass man sich auch ohne Parteibuch weiterhin verbunden bleiben wird.